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Frankfurter Allgemeine Zeitung

Frankfurter Allgemeine Zeitung, Feuilleton, Mittwoch 19. April 2000, Nr. 93


[translation]

 

 

Wider die deutsche Ignoranz

Die hiesige Historiographie muss Lehren aus dem Irving-Prozess ziehen

Von Peter Longerich

David Irving ist unter den so genannten „Revisionisten" des Holocaust ein Sonderfall. Ihm wird eine gute Kenntnis der Quellen des „Dritten Reiches" bescheinigt und er gilt aufgrund seiner Darstellungen zum Zweiten Weltkrieg und als Biograph führender Nazis als versierter Autor. Insbesondere britische Historiker der älteren Generation sind nach wie vor, und selbst nach dem jüngsten Urteil, bereit, ihm Verdienste um die Geschichtsschreibung zu bescheinigen.

Seine Reputation als Historiker zu verteidigen und auszubauen war vor Gericht das erklärte Ziel des Autodidakten Irving. Er changierte daher im Prozess zwischen kruden polemischen Äußerungen einerseits und einem betont „akademischen" Auftreten andererseits: So verwickelte er die Sachverständigen oft in eine Art Oberseminar-Diskussion und war durchaus auch bereit, erhebliche Konzessionen in Sachfragen zu machen (die er dann allerdings teilweise im Verlaufe des Prozesses widerrief).

Die acht Wochen in London haben aber deutlich gemacht, dass dieser Spagat zwischen rechtsradikaler Propaganda und sich akademisch gebender Scheinseriosität nicht durchzuhalten ist. So führte der Prozess nicht nur zur vollständigen Selbstdemontage Irvings als sachkundigem Autor; künftige Bestrebungen, das Leugnen des Holocaust mit einer pseudowissenschaftlichen Aura zu versehen, werden es nach Irvings Scheitern erheblich schwerer haben.

 

 

Ein solches „Archiv des Holocaust" sollte der Öffentlichkeit in unterschiedlicher Form zugänglich gemacht werden: als traditionelle vielbändige Aktenedition, in Auszüge und Übersetzungen, vor allem aber auch im Internet, das auf diesem Gebiet, siehe Irving, immer mehr zu einer Domäne der Rechtsradikalen zu werden droht

Für Historiker, die an Universitäten unterrichten und Bücher schreiben, ist der Gerichtssaal eine ungewohnte Umgebung. Gefordert ist hier Präzision, eine peinlich genaue. Über jeden vernünftig begründbaren Zweifel erhabene Beweisführung, die über die in den Geisteswissenschaften üblichen Standards hinausgeht. Sie kann sich nicht nur auf allgemein akzeptierte Auffassungen der Sekundärliteratur stützen, sondern muss sich im Zweifelsfall immer auf primäre Dokumente beziehen. Der Sachverständige setzt sich zudem einem rigorosen Kreuzverhör aus, das mit Irving als Befrager oft die Form einer polemischen Examinierung annahm.

Unter diesen Bedingungen unternahmen die Sachverständigen im Londoner Prozess erhebliche Anstrengungen, den möglichst lückenlosen dokumentarischen Beweis dafür anzutreten, dass Millionen von Menschen als Ergebnis einer von der Staatsspitze verfolgten Politik und auf systematische Weise umgebracht wurden. Das erwies sich aus zwei Gründen als nicht immer einfach.

Erstens ist das historische Quellenmaterial, insbesondere was Fragen der Entscheidung und der Durchführung der „Endlösung" anbelangt, durchaus fragmentarisch: Unter größtmöglicher Geheimhaltung wurden zentrale Entscheidungen mündlich gefällt, man bediente sich einer Tarnsprache und sorgte gegen Kriegsende für die Vernichtung der meisten Dokumente. Die erhaltenen Dokumente sind buchstäblich über Archive in aller Welt verteilt und viele Schlüsseldokumente liegen nur zum Teil und weit verstreut in gedruckter Form vor.

Zweitens aber weist die Geschichte des Holocaust -- wenn auch über die grundlegenden Tatsachen keine Zweifel bestehen können -- in vielen Einzelaspekten noch erhebliche Lücken und Defizite auf. Sie befindet sich großenteils noch im Stadium der Grundlagenforschung. Mehr als fünf Jahrzehnte nach den Ereignissen ist sie noch in einem erheblichen Umfang mit dem Aufspüren, Sammeln und Ordnen von Dokumenten und mit der faktischen Rekonstruktion der einzelnen Mordoperationen beschäftigt. Ebendiese Grauzonen suchte der Kläger Irving in den Mittelpunkt der Debatte zu rücken.

Die jüngsten Forschungen, betrieben vor allem von Doktoranden und nicht etablierten Historikern, finden dabei im Rahmen einer wissenschaftlichen Infrastruktur statt, die alles andere als ideal ist. Dies gilt insbesondere für die Situation in Deutschland. Große Schwierigkeiten bestehen bereits beim Zugriff auf die entscheidenden Aktenbestände. So haben sich die Bedingungen für die Benutzung der einschlägigen Sammlungen im Bundesarchiv seit deren Umzug nach Berlin dramatisch verschlechtert; wer die im früheren Berlin Document Center gelagerten Personaldokumente in größerem Stil benutzen will, ist gut beraten, nicht die Originale in Berlin, sondern die Kopien in den National Archives in Washington einzusehen. Seit 1990 wurde in ost-europäischen Archiven eine große Zahl relevanter Akten entdeckt. Doch es gibt Deutschland keine Institution, die Anstrengungen unternimmt, in großem Umfang Kopien davon zu beschaffen, wie dies etwa das Holocaust-Museum in den Vereinigten Staaten tut.

Weiters: Es gibt in Deutschland kein einzigen Lehrstuhl, der der Geschichte der Holocaust gewidmet ist. Während sich den achtziger Jahren führende Vertreter der Zeitgeschichte unmittelbar an der Erforschung des Holocaustes beteiligte scheint das Interesse bei ihren Nachfolge geringer entwickelt zu sein. In dem Land, von dem die Ermordung der europäischen Juden ausging, fehlen regelmäßig stattfindende internationale Konferenzen zu diesem Thema ebenso wie ein Zentrum, das die Forschungsaktivitäten koordinieren und Ressourcen bereitstellen könnte. Diese offenkundigen Defizite in der wissenschaftlichen Infrastruktur stehen in bemerkenssswertem Gegensatz zu der Relevanz, die das Thema in der Öffentlichkeit besitzt.

Ein wesentliches Ergebnis des Londoner Prozesses war es, die Aussagekraft zeitgenössischer Dokumente wieder einmal eindrucksvoll vor Augen zu führen. Ebenso deutlich wurden aber die Schwierigkeiten, solche Dokumente einfach und schnell zu beschaffen. Aufgrund dieser Erfahrungen ließe sich ein konkretes Projekt formulieren: Ein großer, allgemein zugängliche Fundus der wichtigsten Dokumente zum Holocaust muss geschaffen werden. Ein solches „Archiv des Holocaust" sollte der Öffentlichkeit in unterschiedlicher Form zugänglich gemacht werden: als traditionelle vielbändige Aktenedition, in Auszüge und Übersetzungen, vor allem aber auch im Internet, das auf diesem Gebiet, siehe Irving, immer mehr zu einer Domäne der Rechtsradikalen zu werden droht.

Ein solches Projekt wird sich nur mit der internationalen Kooperation von Holocaust-Historikern verschiedener Länder bewerkstelligen lassen. Es würde nicht nur die Forschung erleichtern, sondern auch gute Dienste in der universitären Lehre sowie im Schulunterricht leisten. Den Regierungen, die Anfang des Jahres in der Stockholmer Erklärung die Unterstützung von Forschung und Lehre über den Holocaust versprachen, würde ein solches Projekt eine idealen Ansatzpunkt für ihre Bemühungen bieten. Schließlich würde es die Leugner des Holocaust nicht zum Schweigen bringen, aber die Auseinandersetzung mit ihnen auf eine neue Grundlage stellen.

 

Peter Longerich, der im Londoner Irving-Prozess als Sachverständiger auftrat, lehrt Geschichte am Royal Holloway College der Universität London.
Frankfurter Allgemeine Zeitung


Website Kommentar: Der "Fachzeuge" Longerich erhielt £76,195.25 (DM250.000) als Vergütung für sein Gutachten und Aussagen zugunsten der Verteidigung gegen David Irving.

 

Website fact: The Durchhaltevermögen of the defence team is aided by a five million dollar fund provided by the American Jewish Committee, which enables them to pay the "experts" Evans, Longerich, etc„ £750 (DM2500) per day (while the defence's star legal team is paid considerably more). Nobody is paying for Mr Irving, who has been fighting this Existenzkampf for three whole years. [Help]

 

SUGGESTION: Fax a reader's letter to this newspaper the Frankfurter Allgemeine Zeitung at (+49) 69 7591 1743 or 


Mittwoch 19. April 2000

 

 

 

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