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 Posted Saturday, April 21, 2001


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Zehms propagandistisches Mitwirken in der Form einer vorbehaltlosen Sympathie-Erklärung für David Irving gefährdet die Reputation der Universität.

[East German professor under fire for supporting Mr Irving] [geändert hat sich wenig]

Jena, Saturday, April 21, 2001


Zehm ist Gefahr für Reputation der Universität

Gespräch mit Gottfried Meinhold, Professor für Phonetik und Sprechwissenschaft an der Universität Jena

 

In einem Brief an Ministerin Schipanski distanziert sich das Institut für Germanistische Sprachwissenschaft gegenüber Professor Günter Zehm. Aus welchem Grund?

Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst hatte in der Presse mitgeteilt, dass es die Meinungsäußerungen von Prof. Dr. Günter Zehm nicht teile und dass es auch die von ihm gewählten Publikationswege für nicht angemessen halte. Mit ähnlich schonungsvollen Formulierungen distanzierte sich auch der Rektor. Wir hielten es für sinnvoll, dass aus der Universität auch energischere Stellungnahmen hervor gehen, die engagierter sind und auf deutlichere Wertung abzielen. Wir haben auf die Sympathie Zehms für Holocaust-Leugner bzw. eine den Nationalsozialismus entlastende Geschichtsdeutung hingewiesen. Zehms propagandistisches Mitwirken in der Form einer vorbehaltlosen Sympathie-Erklärung für David Irving gefährdet die Reputation der Universität. Wir haben eine große Zahl ausländischer Studierender, und wünschen nicht, dass diese Jena in Zukunft aus solchen Gründen meiden. Dies veranlasste den Institutsrat, sich nachdrücklicher zu distanzieren und eine kritischere Position kenntlich zu machen. Wir wollen auf das Gefahrenpotenzial aufmerksam machen, das von solchen Ideen und ihrer Duldung ausgeht. Duldung meint hier das Ausbleiben entschiedener Zurückweisung.

Wie reagierte das Ministerium?

Der Brief hat das Ministerium allerdings nicht erreicht. Er ist über den Dekan zusammen mit anderen Mitteilungen im Zuge der Berichterstattung zu Fragen des Radikalismus und Rechtsextremismus in Thüringen an die Landesregierung behandelt und somit in einen Gesamtbericht verarbeitet worden.

Welche Gefahren gehen von Lehrenden wie Professor Günter Zehm aus?

Seine Huldigung für David Irving, und zwar mit dem Beitrag, den er in der Irving-Festschrift publiziert hat, schließt ja wohl die Billigung der Position Irvings ein. Als Holocaust-Leugner ist Irving für rechte Kreise ein wichtiger Kondensationskern. Solch eine Kondensations- oder Kristallisationswirkung geht schließlich auch von Zehm aus. Er wirkt als Katalysator für derartige Meinungsbildung und Bewertung, also Anzweiflung oder Leugnung des Holocausts. Darüber sind viele Universitätsangehörige fassungslos. Ich kenne Herrn Zehm längere Zeit. Rechtsextreme Positionen hätte ich bei ihm nicht erwartet. Deshalb hat mich seine Sympathie für Irving schockiert.

Bei der Veranstaltung "Pankraz trifft seine Leser" in der FSU Jena sollte sich Zehm Fragen des Publikums stellen. Wurden Ihre Befürchtungen durch Zehms Auftritt bestätigt?

Zehms lobende Worte für Irving bei der Veranstaltung im Februar riefen bei mir Aversion und Entsetzen hervor. Er bezeichnete Irving dort als interessanten Wissenschaftler, gewissermaßen als "Spürhund", der wichtige neue Fakten aufdeckt. Daraus kann man ja wohl nur die Billigung von Irvings Holocaust-Leugnung ableiten. Was man aus den "Pankraz"-Texten - vor allem Irving betreffend - erst durch logische Schlussfolgerungen erschließen muss, trat also an diesem Abend durch Zehms beinahe unbedarft anmutendes Eingeständnis offen zu Tage. Zehm hält Irving für einen ehrenwerten Mann, für einen honorigen Wissenschaftler. Insofern erweckt er den Eindruck, vorbehaltlos die Position eines rechtskräftig verurteilten Holocaust-Leugners zu akzeptieren. In einem "Pankraz"-Text hat Zehm geäußert, es gäbe so etwas wie eine Nötigung, an den Holocaust zu glauben. Wer das nicht täte, würde bestraft. Fakten von solcher Evidenz wie die des Holocausts, das Geschehen in Konzentrationslagern, sind aber sicherer Wissensbestand. Wer diesen in Zweifel zieht und zur Glaubens- bzw. Ansichtssache macht, bekräftigt ein Denken, das Nazi-Verbrechen generell leugnet oder auf ihre Umwertung gerichtet ist.

Obwohl Zehm seit 1975 den "Pankraz" im "Rheinischen Merkur" und in der "Welt" veröffentlicht, waren Sie maßgeblich daran beteiligt, ihn als Honorarprofessor an die FSU zu holen. War eine solche Entwicklung nicht abzusehen?

Sie war für mich überhaupt nicht absehbar. Meine Rolle in dem Zusammenhang ist eigentlich nur die der "Initialzündung". Ich war die erste Kontaktperson von Günter Zehm hier in Jena. Er hat mir als dem damals zuständigen Prorektor geschrieben. Bei einer universitätsgeschichtlichen Tagung 1991 lernten wir uns persönlich kennen. Danach kam es zur Verbindung mit dem Philosophischen Institut. Nachdem er dort einige Jahre erfolgreich als Lehrbeauftragter gearbeitet hatte, wurde für ihn eine Honorar-Professur beantragt. Er war akzeptiert, und es gab - meines Wissens - nicht den geringsten Anlass zur Besorgnis wegen problematischer ideologischer Orientierungen. Die "Pankraz"-Texte der 70er und 80er Jahre boten, so weit ich sie kannte, keinen Grund für Vorbehalte. Seit 1999 wusste ich allerdings von seinem Kontakt zur "Jungen Freiheit". Entscheidend war für mich letzten Endes vor allem die Kenntnis der Nähe zu Irving; als ich davon erfuhr, war ich in der Tat entsetzt.

Professor Klaus-M. Kodalle und Professor Gottfried Gabriel haben sich bei der "Pankraz"-Veranstaltung schützend vor Zehm gestellt. Wie ist die Haltung des Instituts für Philosophie zu bewerten?

Die kollegiale Zuwendung ist zunächst einmal grundsätzlich verständlich. In solchen Konfliktsituationen ist es immer schwierig, einen Kompromiss zwischen Kollegialität einerseits und kritischer Sichtweise andererseits zu finden. Allerdings hätte man sich da eine glücklichere Vorgehensweise gewünscht. Es ist niemandem verborgen geblieben, dass diese Veranstaltung insgesamt eine eher traurige Vorstellung war, weit entfernt von einem produktiven Diskurs.

Mit Verweis auf seine Verhaftung 1957 sieht sich Zehm als Opfer der Political Correctness.

Im Herbst 1990 hat er mit unserer Universität Kontakt aufgenommen. Als ein Opfer des Stalinismus war er ein wichtiger Rehabilitationsfall. Zehm hat in den 50er Jahren sehr viel Mut bewiesen, indem er sich als Schüler von Ernst Bloch gegen die Zerstörung der Philosophie durch ideologische und politische Repression und Anpassung an die marxistisch-leninistische Ideologie aufgelehnt hat. Das ist zunächst einmal bewundernswert und eine tapfere Leistung. Auf der anderen Seite kann man den Widerstand von damals nicht mit seiner Haltung gegenüber Irving und anderen rechts gerichteten Orientierungen in Verbindung bringen. Es wäre sogar demagogisch, hierbei einen Zusam- menhang herzustellen oder Ähnlichkeiten zu sehen. Das eine ist eine mutig und tapfer vertretene Position im Kampf um geistige Pluralität und Freiheit, das andere ist eine verhängnisvolle Ermutigung von Kräften, die letztlich geistige und kulturelle Pluralität und schließlich auch Demokratie zerstören wollen.

Wie weit dürfen Wissenschaftsfreiheit und Meinungsfreiheit gehen?

Die Vokabel Wissenschaftsfreiheit ist auf die Texte Zehms in der "Pankraz"-Kolumne überhaupt nicht anwendbar. Mit solchen Äußerungen befindet er sich jenseits von Wissenschaft, und somit von Wissenschaftsfreiheit. Doch Holocaust-Leugnung bzw. -Anzweiflung bewegt sich unserer Ansicht nach auch nicht innerhalb der Toleranzen der allgemeinen Meinungsfreiheit. Es handelt sich um eine strafbare Handlung. Meinungsfreiheit erstreckt sich nicht auf die Leugnung geschichtlicher Grundtatsachen nazideutscher Vergangenheit oder den Zweifel daran. Das Anzweifeln dieser Sachverhalte arbeitet aber einer Reanimation von nationalsozialistischen Haltungen und Gedanken und somit rechtsradikalen Positionen zu. Eine gewissenhafte Folgeabschätzung ist daher bei solchen Meinungsäußerungen unverzichtbar.

Gespräch: Constanze Alt

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