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Frankfurter Allgemeine Zeitung

Frankfurt, Donnerstag, 3. Februar, 2000


Nicht einmal Akademiker

David Irving setzt in seinem Prozeß gern auf unbelegte Zahlen

LONDON, 2. Februar

Am dreizehnten Tag des Irving Prozesses wurde im Gerichtssaal wieder mit Leichen geschachert, bloß waren diesmal die Rollen anders verteilt. Es ging um „Die Zerstörung von Dresden", Irvings erstes Buch, das 1963 sofort zum Bestseller geworden war und dem Studenten finanziell erlaubte, auf seinen Studienabschluss zu verzichten. Im rein akademischen Sinne ist David Irving also kein „Historiker".

IrvingHeute nennen Menschen ‚Dresden' im selben Atemzug wie ‚Auschwitz' oder ‚Hiroshima', sagte er jüngst stolz in einem Interview, „das ist mein bescheidener Beitrag." Um das zu erreichen, präsentiert er in seinen Büchern und Vorträgen falsche, allerdings durch die Jahrzehnte immer wieder veränderte Opferzahlen, um die Bombardierung von Dresden als Kriegsverbrechen Auschwitz ebenbürtig zu machen. Wo er bei Auschwitz abrundet, verleugnet und abzieht, da verdoppelt und verdreifacht er im anderen Fall. Inzwischen gibt er zwar zu, daß ein in der Erstausgabe abgedrucktes Dokument, das von 200 000 bis 250 000 Toten in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar spricht, eine Fälschung war. Aber hier nimmt er es trotzdem nicht so genau.

Derselbe Mann, der noch in der vergangenen Woche mit kalter Sturheit Beweise für die Existenz von Einlaßlöchern in der Decke der Gaskammern verlangt und keines der vorgebrachten Indizien akzeptiert hatte, derselbe Mann, der die Kapazitäten der Krematorien als technisch unzureichend bezeichnet, erklärt nun lässig: „Alle Keller waren voll mit Asche", wenn es für eine höhere Opferzahl als die 30 000, deren Tod in Dresden sicher belegt ist, keinen anderen Nachweis gibt als seine eigene Zahl.

Seinen offen zutage liegenden Beweisnotstand kaschiert er auf das Erstaunlichste mit emotionalem Tremolo. Er spricht vom „größten Desaster der deutschen Geschichte", ruft, die Unterbrechungsversuche sowohl Ramptons als auch des Richters ignorierend, erregte Tiraden in den Saal, die mit dem Satz enden: „Lastwagenladungen voll von Schuhen hat man den Leichen ausgezogen, Lastwagenladungen voll!" Dann fällt ihm seine Brille zu Boden. Das kopierte Farbfoto, das er ununterbrochen hochreißt und nach allen Seiten zeigt, will dennoch keiner sehen. Pferde, Leichen auf Dresdner AltmarktEs sind die Leichen, die in Dresden nach der Bombennacht verbrannt werden mußten und die dazu nach einem bestimmten System wie Brennholz übereinander geschichtet wurden. Diese Technik für das möglichst rückstandslose Verbrennen toter Menschenkörper wurde übrigens im Vernichtungslager Majdanek entwickelt und dann in Dresden von einem dort geschulten SS-Kommando durchgeführt. Doch das sagt Irving nicht.

Richard Rampton, den Irving in seiner pathetischen Aufregung zweimal als „Mister Gray" also mit dem Namen des Richters, bezeichnet, hält es für nötig, festzustellen, daß „keiner, der hier auf dieser Seite sitzt, es für eine großartige Sache hält, daß Zehntausende unschuldige Deutsche in jener Nacht zu Tode geröstet wurden. Aber: „Unser Interesse hier beschränkt sich nur auf Ihren riesigen Appetit, alles zu verdrehen und aufzublasen."

„Heute ist es nicht so gut gelaufen", sagt Irving nach Abschluß von Tag dreizehn, und hat damit Recht. Zwar hat er alles versucht, um aus Rampton den herzlosen Bösewicht zu machen, den sonst er selbst gibt („Nur 35 000 Tote sagen Sie, Mister Rampton? Nur? Das nenne ich eine charmante Formulierung."), aber seine unhaltbare Position war zu offensichtlich.

„Wieviele Leichen, schätzen Sie, wurden nach der Bombennacht in Dresden kremiert?", fragt Rampton.

„Eine ungeheure Zahl," sagt Irving. „Wieviele?" fragt Rampton.

„Eine ungeheure Zahl", wiederholt Irving.

„Das ist keine Antwort", sagt Rampton. „350 000 wurden obdachlos!" „Ich fragte nach den kremierten Leichen!" „Ich habe diese Sache drei Jahre lang recherchiert!", sprudelt es da wieder aus Irving heraus. „Ich war in Dresden! Ich war nicht in Auschwitz, aber ich war in Dresden, und dort steht im Zentrum ein Denkmal, das spricht von einer Zahl, die keiner kennt!"

„Vielen Dank, Mister Irving", sagt Rampton: „Noch eine letzte Frage: In der jüngsten Auflage Ihres Buches haben Sie die Zahl der Opfer mit 60 000 bis 100 000 angegeben. Das haben Sie doch erfunden! Die offizielle Zahl ist 35 000." „Ich schreibe 60 000 bis 100 000", antwortet Irving ohne weitere Begründung, „auf meiner Web-Site erwähne ich aber, daß diese Zahl umstritten ist."

Der Prozeß wird fortgesetzt. EVA MENASSE

 


 

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Thursday, February 3, 2000
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